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Zu Hause zwischen den Welten

aus: Berliner Zeitung, 26. März 2002

Band
Ska ist nicht gleich Ska. Auch wenn's schwer fällt versuchen Tiefenrausch um Sänger Ludi (stets mit braunem Hut) den Überblick zu behalten.

Die junge Berliner Ska-Band Tiefenrausch hat es in fünf Jahren auf mehr als 60 Konzerte gebracht

VON MARIN MAJICA

Im April ist Verschnaufpause. Die können Ludwig "Ludi" Westarp und die anderen Musiker von Tiefenrausch auch gebrauchen. Seit Beginn des Jahres haben die sechs Berliner immerhin in der Junction Bar, im Tommy-Weißbecker-Haus, im Kesselhaus der Kulturbrauerei, im Schokoladen und im Zosch gespielt - keine schlechten Adressen für eine Ska-Nachwuchsband.

"Wo wir auch spielen, die Leute sind begeistern und wollen, dass wir wiederkommen", sagt Sänger Ludi. Der 23-jährige Germanistik-Student sagt das so, als wunderte er sich selbst darüber. Von Übermut ist nichts zu spüren. Dabei hat die Band, die Ludi 1997 gegründet hat und die seit 2000 in der aktuellen Besetzung spielt, in den zurückliegenden Jahren mehr als 60 Konzerte absolviert.

In Ludis Wohnung im Prenzlauer Berg wirken die Ska-Rocker wie schüchterne Schüler. "In der Musik und dem Bandnamen wird die Erfahrung umgesetzt, dass Tiefen zu rauschhaften Höhen werden können, wenn sie in Musik verarbeitet werden", erklärt Ludi umständlich. Die Band gebe die Kraft zur Veränderung von "bedrückenden Zuständen", die sich "in wilder Tanzenergie und Freude am Leben" zeigen. So weit die Theorie, die nicht sehr nach "feurigem Ska-Rock" klingt, wie die Band ihre Musik auf ihrer Homepage selbst beschreibt.

Doch die Konzerte sind ganz anders. Den Schokoladen in Mitte etwa verwandelten Tiefenrausch mit Songs wie dem von der schönen Würstchenverkäuferin in einen Hexenkessel mit 100 Pogo tanzenden Teenies. "Die Leute sollen natürlich auch Spaß haben", sagt der 19-jährige Bassist Jonas Fehrenberg und grinst über Ludis Kopflastigkeit.

Ob ihre Sonst, die mal französische oder arabische Textzeilen haben, Ska oder Rock-Ska oder Reggae-Ska oder alles zusammen sind, können die Jungs gar nicht genau bestimmen. "Das entwickelt sich beim Spielen", sagt der 22-jährige Keyboarder Christoph "Kili" Kilian.

So fließend wie die musikalischen Grenzen im Ska ist auch die Zugehörigkeit zu bestimmten Szenen. Es gibt linken Ska, wie Tiefenrausch ihn spielt, es gibt Oi!-Musik von rechten Skins, und es gibt etliche Schattierungen. Da fällt selbst den Musikern die Unterscheidung schwer. "Ich habe mich mit dem Oi!-Phänomen beschäftigt, aber genau kann man das alles gar nicht sagen", sagt Ludi. Skinheads hat er jedenfalls nur selten bei ihren Konzerten gesichtet. Und Bassist Jonas erzählt: "Es hat noch keiner mit Bierflaschen nach uns geworfen, weil wir den falschen Ska spielen."

Im Pausenmonat April wollen Tiefenrausch ins Studio. Und dann kommt die erste CD. Ab Mai geht es dann wieder auf die Bühne: Am 31. Mai in der Junction Bar, im Sommer bei Festivals in Tschechien und im Oderbruch. Da tut ein wenig Verschnaufen im Moment ganz gut.


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